Ambivalenzen und Sozialisation

 

 

 

 

Aufbauend auf der für die Sozialisationsforschung fruchtbaren Forschungsheuristik der Ambivalenz nach Kurt Lüscher werden im Rahmen dieses Arbeitsschwerpunktes Ambivalenzerfahrungen von Sozialisationsprozessen untersucht. Es geht einerseits um den konkreten Umgang mit widersprüchlichen Handlungsanforderungen und -bedürfnissen. Andererseits lässt sich mit dieser Forschungsheuristik beschreiben, wie in und durch Sozialisationsprozesse mit menschlichen Konfliktsituation oder mit Anerkennungs- und Gestaltungsbedürfnissen umgegangen werden kann.

 

Dissertationsprojekt: „Rekonstituierte Familien zwischen Kohäsion und Anomie – ambivalente Beziehungsdynamiken und soziale Praxis“ von Cynthia Degen untersucht Ambivalenzerfahrungen von Menschen, die in Patchwork-Familien leben. Eine ambivalenztheoretische Fundierung von Sozialisationsprozessen lässt sich insofern forschungspragmatisch mit der Situation in rekonstituierten Familien verknüpfen, als anzunehmen ist, dass die besondere Struktur dieses Familientyps das Phänomen symptomatischer Ambivalenzerfahrungen begünstigt. Der Analysefokus richtet sich auf das „Wie“ im Sozialisationsprozess und somit darauf, wie Ambivalentes individuell und kollektiv in Alltagserfahrungen sowie situationsspezifisch verarbeitet und ausgehandelt wird. Von Interesse ist auch, inwiefern Ambivalenzerfahrungen im Sinne von Lernprozessen umgedeutet und somit die Beziehungen in familiendynamischen Prozessen (neu)gestaltet und modifiziert werden.

Dissertationsprojekt: „Ambivalenzerfahrungen in Fällen häuslicher Gewalt“ von Sebastian Stockmann untersucht Erfahrungen von Akteuren (u.a. Paare, Polizeikräfte, BeraterInnen) häuslicher Gewalt in Hinblick auf spezifische Handlungsmuster. In einigen Fällen zeigen sich Ambivalenzerfahrungen, die persönlich auf intellektueller, affektiver und voluntärer Ebene erlebt werden. Daneben werden Ambivalenzen erfahren, die sich intersubjektiv in der Beobachtung als ambivalent erscheinende Umgangsformen zeigen. In der Dissertation geht es nicht um eine Auflösung der Ambivalenzerfahrungen, sondern um den spezifischen Umgang der beteiligten Akteure. Diese Umgangsformen, die sich in Fällen häuslicher Gewalt in Form von Handlungsmustern als Lösung und Bewältigungsstrategie erweisen, lassen sich in die Präventionsarbeit solcher Fälle übertragen.

 

Publikationen

Grundmann, M./Hoffmeister, D.  (2007): Ambivalente Kriegskindheiten. Eine soziologische Analyseperspektive. In: Lange, A./Lettke, F. (Hg.): Generationen und Familien: Analysen – Konzepte – gesellschaftliche Spannungsfelder. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 270 – 298.

Mitherausgabe des Themenhefts „Sozialisation und Ambivalenzen“ der Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation (36. Jahrgang, Heft 2). Es bündelt wichtige Erkenntnisse dieses Arbeitsschwerpunktes.

Degen, C./ Windisch, K. (2016): Ambivalenzerfahrungen in Fortsetzungsfamilien aus sozialisationstheoretischer und mediationspraktischer Perspektive. In: Zeitschrift der Erziehung und Sozialisation 36(2), S. 164-177.

Degen, C./Heimken, N. (2014): Bildung – Handbuch Bildungs- und Erziehungssoziologie. Bauer, U./Bittlingmayer, U./Scherr, A. (Hg.): Soziologische Revue 37(2). Rezension.

Vorträge

2016

Degen, C.: Ambivalent relationship dynamics in everyday life of reconstituted families. Vortrag beim congress of the European Society on Family Research – Gender and Generations, TU Dortmund.

2014

Degen, C.: Habitusgenese und Ambivalenzerfahrungen in Fortsetzungsfamilien. Vortrag im Rahmen des 5. Werkstattgesprächs des Interdisziplinären Arbeitskreises Ambivalenz (IAA): Ambivalenzen und Sozialisation. Ambivalenzerfahrungen im Kontext von Materialität, Sozialität und Ambivalenz, Otto-Friedrich-Universität Bamberg.

2013

Degen, C. : Fortgesetzt entzieht sich einem der Gegenstand?! - Ambivalente Beziehungsfigurationen in Fortsetzungsfamilien. Vortrag im Rahmen des 4. Werkstattgesprächs des Interdisziplinären Arbeitskreises Ambivalent (IAA): Ambivalenz und soziale Praxis. Inter- und interpersonale Potenziale ambivalenter Erfahrungen, WWU Münster.

2006

Degen, C.: Les familles récomposées entre mythes et realités. Présentation proposée le 13 octobre lors de la Faculté de Droit et des Sciences Politiques: Individu(s) et communauté(s): Entre Maghreb et Europe, Université de Tunis.