Ziele

Ziel des Forschungsschwerpunktes ist es, sowohl theoretisch als auch empirisch jene ko-konstitutiven Gestaltungsprozesse und deren Praktiken zu modellieren und zu rekonstruieren, in denen sich die sozialisatorische Praxis des Miteinander-Werdens letztlich ausdrückt, ohne jedoch den gegenwärtigen Stand der Sozialisationsforschung zu ignorieren. Insbesondere geht es darum, den Vollzugscharakter von Sozialisation (und Sozialität) in all seinen Facetten in den Blick zu nehmen: sowohl hinsichtlich der konkreten Herstellung ihrer sinnlichen, materiellen Formgebung/Gestaltung als auch hinsichtlich der Funktion von Menschlichem und Nicht-menschlichem, von Körpern und Dingen. Es geht um Formen und Weisen der Verschränkung und Reproduktion des Sozialen, in denen sinnliche und kognitive, unbewusste und bewusste, materielle und immaterielle Dimensionen und Prozesse ineinander spielen.

Auf diesem Weg soll die performative Bestimmung von Sozialisationsprozessen nicht nur von Personen, sondern auch von Akten des Wissens, Deutens, Handelns sowie Verkörperungen und Materialisierungen jeglicher Art (durch Sprache, Ideen, Gedanken, Wissen, Körperbewegungen) konsequent fortgeführt werden. Zentral dabei ist die These einer gleichursprünglichen Entstehungsdynamik sozialer Ordnungen und ihrer Subjekte in praktischen Vollzügen, in denen sich Körper-Haben und Körper-Sein, Diskurs und Erfahrung, Struktur und Tätigsein, menschliche und nicht-menschliche Entitäten vielfältig miteinander verbinden und dabei allererst gegenseitig hervorbringen.

Sozialisatorische Praxis ist immer in ihrer Verwobenheit mit gesellschaftlichen Veränderungen aufzuschlüsseln. Gesellschaftliche Wandlungsprozesse verändern Selbstverständlichkeiten des sozialen Zusammenlebens, die in der Sozialisationsforschung bisher erkenntnisleitend waren: biographische Kontinuität und Verlässlichkeit des Lebenslaufes dynamisieren sich, gesellschaftliche Handlungsanforderungen differenzieren sich aus, Zugehörigkeiten werden fraglich oder fluid, Kommunikationspraxen verändern sich und das Verhältnis der Menschen zueinander und zur Naturkultur muss neu ausgelotet werden.

Gleichwohl: Trotz allem Wandel und Umbruch basiert soziales Zusammenleben auch auf Kontinuitäten, Stabilitäten und Gewissheiten, die sich im Alltag etwa durch das Erleben von Gemeinsamkeiten und Bekanntem reproduzieren. Der Forschungsschwerpunkt Sozialisation greift diese Entwicklung auf und will sie für eine Neujustierung der Sozialisationsforschung fruchtbar machen – und zwar im Hinblick auf deren theoretischen und empirischen Implikationen.